Home Sonstiges Der Vater, der Sohn und der Fluss
19.04.2025
Christliche Gemeinde wohin?   Philadelphia oder Laodizea
Der Vater, der Sohn und der Fluss PDF Drucken E-Mail

Der Vater, der Sohn und der Fluss – 

eine unfertige Geschichte.

 

Ich sitze an einem Schreibtisch. Vor mir ein Bild eines braunhäutigen Kindes, das fröhlich aus einem alten Holzboot heraus winkt, die Hände an dem großen Ruder; mir drängt sich eine Geschichte auf:

 Pedro lebte schon lange nicht mehr im Urwald bei seiner Großfamilie. Er ist in die Stadt gezogen und lebt mit einigen jungen Leuten zusammen in einer WG.

Bei einem Wettbewerb gewannen sie eine mehrtägige Urlaubstour auf einer Jacht, mit allem was das Herz begehrt.

Pedro steuerte das Luxusboot in seine heimischen Gewässer und besuchte auch seine Familie, die noch in ihrer alten Tradition, auf Kanus, in den verzweigten Wasserläufen des großen Flusses, Fische fingen.

Sein Vater freute sich sehr über sein Kommen, hatte aber auch Sorge um das Wohlergehen dieser heiteren Schiffsgemeinschaft, da er über die Tücken der Wasserläufe gut Bescheid wusste. Er gab deshalb seinem Sohn ein Buch mit seltsamen alten Zeichenerklärungen, kam aber aus zeitlichen Gründen nicht dazu es ihm genau zu erklären. Schon vor langer Zeit hatten Indios Warn­zeichen an den Ufernstellen angebracht, wo im Fluss große Gefahren sich verbargen. 

Ein Wasserarm war besonders tückisch. Man erkannte dort nicht die scharfen Felsen im stillen Wasser, die jedes Boot aufrissen und untergehen ließen. Viele Menschen wurden schon eine begehrte Beute der gefräßigen Krokodile.

Der Sohn steckte dieses alte beschmutzte Büchlein ein, nahm aber die Sache nicht so ernst. Schließlich hatten sie ein modernes Wasserfahrzeug mit guter technischen Ausrüstung, einschließlich Satellitennavigation, an Bord. 

Die junge fröhliche Gesellschaft wollte schnell weiter, da sie ja die Jacht nur einige Tage bekommen hatten. Sie wollten ja noch viel sehen und sich nicht lange in einem alten Indiodorf aufhalten.

So fuhren sie bald weiter, ohne dass der Vater noch einmal genau seinem Sohn die richtige Route erklären konnte. Als dieser dann dem davonschwimmenden Boot nachsah, wurde er unruhig und stieg schnell in sein altes Kanu. Mit aller Kraft paddelte er sich an die, auf dem Deck, zur lauten Musik tanzende und feiernde, Gesellschaft heran und schrie so laut er konnte: „Pedro, achte auf die Zeichen“.

Pedro verstand nur das Wort „Zeichen“. Unwillkürlich entstand in ihm ein dunkles Gefühl, eine gewisse „Vorahnung“. Als er das alte Schriftzeichenbuch heraus­kramen wollte, kamen einige seiner Freunde mit einer Sektflasche und Gläsern und schoben ihn zurück auf das Deck.

Der Vater indessen konnte mit dem Tempo nicht mehr mithalten. Der Abstand zu seinem Sohn wurde immer größer. Zu seinem Entsetzen sah er die Jacht in diesen gefährlichsten Wasserarm abbiegen. 

Aussichtslos. Er konnte sie nicht mehr einholen. Doch er ruderte weiter, als ginge es um sein Leben. In Bruchteilen von Sekunden schossen ihm viele Ge­danken durch den Sinn. Hätte er doch seinen Sohn, als er noch klein war, öfters zum Fischen mitgenommen und ihm die alten Zeichen eindrücklich erklärt. Pedro war ein schwieriges Kind für ihn gewesen, seine Frau kam besser mit ihm aus. Warum hatte er sich nur so wenig um Pedro gekümmert? Aber jetzt. Wie kann er seinen Sohn noch eine Warnung zukommen lassen? Er fühlte sich mitschuldig an dieser großen Not.

Ein Gedanke wurde zur Tat. Er ruderte schnell an eine seichte Stelle, riss sich ein Stück Stoff vom Leib, das er dann mit rotem Fluss­lehm mit dem Zeichen beschmierte, das die Indios, vor die Gefahrenstelle am Ufer mit Bambus sichtbar angebracht hatten. Dann nahm er schnell seinen Jagdbogen, umwickelte einen Pfeil mit dem Tuch und schoss damit, mit letzter Kraft auf das Jachtsegel. Es gelang. Der Pfeil er­reichte sein Ziel. Allerdings wusste keiner auf dem Deck was damit anzufangen, da Pedro ermüdet und berauscht in seine Hängematte kletterte und tief ein­geschlafen war. 

Das Steuer übernahm sein Freund. Dieser sah zwar ab und zu seltsame Zeichen aus Bambus am Ufer, aber nirgends war eine Gefahr zu sehen. Keine Strom­schnellen, kein Tosen eines fernen Wasserfalls. Im Gegenteil. Der Fluss ver­mittelte eine stille Beschaulichkeit in einer herrlichen üppig blühenden Natur.

Der Vater sah die Jacht nicht mehr. Er konnte sie auch nicht mehr mit seinen Pfeilen erreichen. Nur eine Möglichkeit blieb ihm noch. Er wusste, dass eine kleine Indiosiedlung kurz vor der Riffstelle im Urwald war. Mit diesen Menschen konnte er sich mit Trommelzeichen verständigen. Dies tat er, indem er das Kanu ans Ufer zerrte, umdrehte und als Trommel verwendete. Er schlug seine Nach­richt mehrmals, mit heftigen Schlägen seines Ruders, in den Dschungel hinaus.

„Haltet das Boot auf! Warnt meinen Sohn vor dem tückischen Fluss!“ Er hoffte inständig, dass die Nachricht gehört wurde, dass sich jemand seiner erbarmte und an den Fluss rannte. Jetzt konnte er nur das noch tun; sich total erschöpft hin­kauern und den Gott aller Menschen anflehen.

 

Soweit diese Geschichte. Wie geht sie weiter? Wird Pedro noch gerettet oder fordert der Fluss sein Opfer?